Das Schwimmen ist für viele Triathleten die größte Herausforderung. Während viele aus der Schulzeit noch eine wage Erinnerung an das Brustschwimmen haben, sieht es beim Kraulschwimmen schon schwieriger aus. Das schnelle und ökonomische Kraulschwimmen erfordert ein hohes Maß an technischen Feinheiten. Zu einer guten Kraultechnik gehört noch eine Menge mehr als saubere Armarbeit über und unter Wasser sowie ein guter Beinschlag. In diesem Beitrag befassen wir uns mit typischen Fehlern beim Kraulschwimmen und erklären, wie man sie verbessern und mit viel Übung sogar ganz loswerden kann.$PreviewBreak
Armzug
Die Eintauchphase
Der Eintauchpunkt der Hände ist ein wichtiger und kritischer Moment, denn wenn die Hand an der falschen Stelle oder im falschen Winkel ins Wasser sticht, können wertvolle Zentimeter verloren gehen. Zwei Fehler sind bei der Eintauchphase besonders häufig zu beobachten: zu frühes Eintauchen der Hände und Übergreifen der Arme.
Werden die Arme zu früh und zu steil ins Wasser eingetaucht, schiebt der Schwimmer das Wasser vor sich her, anstatt es zu greifen und unter sich durchzuziehen. Zur Korrektur kann man sich vorstellen, dass ein Gegenstand vor einem hertreibt. Bei jedem Kraulzug wird der Arm so lange und weit über Wasser gestreckt bis der Gegenstand mit der Hand umfasst werden könnte.
Weit verbreitet ist zudem das Übergreifen der Hände beim Eintauchen. Dabei greift der Schwimmer über die Körperlängsachse hinweg, taucht also beispielsweise seine linke Hand auf Höhe der rechten Schulter ein. Dadurch erfolgt zunächst eine Seitwärtsbewegung bevor die Hand für wirksamen Vortrieb sorgt. Zur Übung des richtigen Eintauchpunkts kann mit einer Überkorrektur gearbeitet werden. Auf der ersten Bahn wird mit jedem Arm extrem übergegriffen, auf der zweiten Bahn wird dann extrem weit nach außen gegriffen. Auf der dritten und vierten Bahn wird versucht die goldene Mitte aus beiden Extrema zu finden.
Die Zug- und Druckphase
Die Unterwasserphase beginnt direkt nach dem Eintauchen der Hand mit dem sogenannten Wasser fassen. Ein Fehler der hierbei häufig gemacht wird, ist die Hand viel zu schnell durchs Wasser zu ziehen und keinen Druck aufzubauen. Sobald der nötige Druck nicht entsteht, wird hauptsächlich Luft nach hinten geschoben und der Schwimmer benötigt mehr Züge, um dieselbe Menge Wasser zu bewegen. Ziel sollte es sein, mit möglichst wenigen Zügen möglichst viel Wasser zu fassen, Druck aufzubauen und diesen bis zum Verlassen des Wassers durch die Hand aufrecht zu erhalten. Eine gute Übung dafür ist das Schwimmen mit Paddles ohne Fixierung am Handgelenk. Sind die Paddles lediglich am Mittelfinger befestigt, ist der Schwimmer gezwungen die Hand beim Druckaufbau stets korrekt zu führen, da das Paddle sonst verloren geht.
Der erste Teil des Unterwasserarmzugs wird auch als Zugphase bezeichnet. Idealerweise bleibt der Ellenbogen so nahe wie möglich an der Wasseroberfläche, während Hand und Unterarm nach hinten ziehen. Viele Triathleten neigen jedoch dazu ihren Arm in der Zugphase nach unten zu ziehen. Somit wird das Wasser nach unten gedrückt und der Sportler selbst nach oben, sodass Vortrieb und Geschwindigkeit verloren gehen. Eine viel genutzte Übung ist die isolierte Ausführung der Zugphase (bei Bedarf mit Pullbuoy). Dabei verweilt der Ellenbogen permanent an der Wasseroberfläche, bis Hand und Unterarm senkrecht darunter stehen. Es kann sogar hilfreich sein, sich vorzustellen, den Ellenbogen zur Hand zu führen und nicht umgekehrt.
Auf die Zugphase folgt die Druckphase. Diese beginnt im Kraulschwimmen ab ca. Schulterhöhe und endet am Oberschenkel. Normalerweise beschleunigt sich hier auch der Armzug, weil ab Schulterhöhe mehr Kraft eingesetzt werden kann. Sehr oft verlässt die Hand bereits zu früh das Wasser. Das heißt, statt bis zum Oberschenkel zu drücken, setzt der Arm schon vorher zur Rückholphase an. Dabei gehen wichtige Zentimeter verloren, die sich auf einer längeren Strecke in deutlich mehr benötigten Zügen bemerkbar machen. Zur Übung einer kräftigen Druckphase empfiehlt sich das Abschlagschwimmen an der Hüfte. Dazu hält man beide Arme eng am Körper und führt abwechselnd einen Arm nach vorne und führt einen Armzug durch. Sobald der Arm wieder auf Hüfthöhe ist, schließt sich eine kurze Gleitphase an. Erst danach löst man den zweiten Arm vom Körper und beginnt mit dem nächsten Armzug.
Die Rückholphase
An die Unterwasserphase schließt sich die Überwasserphase an. Unmittelbar nach Beendigung der Druckphase hebt sich der Ellenbogen aus dem Wasser. Er bildet den höchsten Punkt, sodass sich ein spitzer Winkel zwischen Ober- und Unterarm ergibt und die Hand locker nach vorne schwingen kann. Häufig sieht man jedoch, dass Ellenbogen und Hand auf einer Ebene flach übers Wasser geführt werden. Das kostet unnötig Kraft und verhindert das richtige Eintauchen der Hand ins Wasser. Die „Reißverschluss“-Übung stellt sicher, dass der Ellenbogen zum höchsten Punkt über Wasser wird. Stelle dir vor, dass ein Reißverschluss von der Hüfte bis unter die Achsel verläuft. Diesen schließt du bei jedem Armzug indem du mit dem Daumen von der Hüfte Richtung Achsel am Körper entlang streifst.
Ein weiterer Fehler ist der Versuch eine ineffiziente Unterwasserphase durch eine erhöhte Frequenz der Armzüge auszugleichen. Die Arme rotieren also viel zu häufig und es entsteht keine Gleitphase zwischen Rückholphase und Zugphase. Der Schwimmer verwendet zu viel Energie für die Rückholphase, die aber keinen Vortrieb bringt. Gleichzeitig ist die Konzentration auf die wesentlichen Bewegungsabläufe (vor allem unter Wasser) reduziert. Eine einfache, aber sehr effektive Übung ist es, die Armzüge zu zählen. Auf vier Bahnen hintereinander werden pro Bahn zwei Züge weniger geschwommen. Startet man beispielsweise mit 20 Armzügen pro Bahn, folgen darauf 18, 16 und 14 Armzüge pro Bahn.
Beinschlag
Nicht nur die Arme sondern auch die Beine gehören zu einer guten Kraultechnik. Ein technisch sauberer und kräftiger Beinschlag dient nicht nur dem Vortrieb, sondern sorgt auch für eine stabile Wasserlage. Die Kickbewegung wird aus der Hüfte eingeleitet, sodass Kniegelenk und Sprunggelenk lang und locker bleiben. Während der Abwärtsbewegung ist eine gestreckte, aber nicht verkrampfte Fußhaltung wichtig. Häufig zu beobachtende Fehler in der Beinarbeit sind das sogenannte „Fahrradfahren“ und eine zu extreme Streckung von Beinen und Füßen.
Führt der Schwimmer mit den Beinen eine Bewegung ähnlich des Fahrradfahrens aus, bremst der gesamte Oberschenkel durch das Absenken und Vorziehen des Knies den Vortrieb. Beim Treten nach hinten wird der Druck lediglich durch die verhältnismäßig kleine Fläche der Fußsohle erzeugt. Im Ergebnis liegt man tief im Wasser und schwimmt langsam. Zur Korrektur übt man den Beinschlag in Rückenlage. Halte ein Schwimmbrett mit gestreckten Armen über deine Knie und achte darauf, dass deine Knie beim Beinschlag nicht das Brett berühren und versuche durch den Druck des Unterschenkels mit der Fußspitze die Wasseroberfläche zu durchstoßen.
Ein weiteres, häufig auftretendes Fehlerbild ist die zu starke Überstreckung der Füße. Dabei bleibt der Fuß sowohl in der Aufwärts- als auch in der Abwärtsbewegung gestreckt. Der Fuß sollte jedoch in zunächst locker gelassen werden, damit er sich leicht nach innen dreht. Erst ganz am Ende der Abwärtsbewegung wird der Fuß gestreckt, sodass der Fuß den vom Bein aufgebauten Wasserdruck nach unten und hinten abgeben und so Vortrieb erzeugen kann. Zur Übung kann man in Rückenlage schwimmen und sich einen Ball vorstellen, der auf der Wasseroberfläche auf Höhe der Zehen treibt. Bei jedem Beinschlag wird der Ball so getreten, als ob man ihn an die Hallendecke schießen würde.
Wasserlage
Die Grundlage für eine perfekte Wasserlage und das Gleiten mit langgestreckten Armen ist ein gut gestreckter Körper. Fehlt das entsprechende Maß an Körperspannung, schlingert der Schwimmer durchs Wasser. Insbesondere der Po wackelt hin und her und der Körper sackt immer wieder ab. So braucht man sehr viel Kraft, um sich vorwärts zu bewegen. Für eine gute Körperstreckung förderlich ist ein kräftiger Beinschlag. Als Übung empfiehlt sich daher das Beineschwimmen ohne Brett oder andere Hilfsmittel. Versuche die Arme weit nach vorne zu strecken und das Absacken des Rumpfes durch einen intensiven Beinschlag und ein stärkeres Anspannen der Bauch- und Rumpfmuskulatur auszugleichen.
Während die Körperlängsachse also gut angespannt sein sollte, wirken sich angespannte Schultern in der Querachse negativ auf den Armzug und die gesamte Schwimmbewegung aus. Unmittelbar nach jedem Eintauchen der Hände sollte sich die jeweilige Schulter nach unten drehen, die andere Schulter gleichzeitig nach oben heraus, sodass die Schultern durch das abwechselnde Eintauchen von linkem und rechtem Arm eine leichte Wippbewegung ausführen. Zur Übung der sogenannten Schulterrotation versuche bei jedem Armzug mit den Fingerspitzen den Beckengrund zu berühren, indem du die Schulter nach unten drückst. Erst mit Beginn der Druckphase hebst du die Schulter wieder leicht an bzw. drückst die andere Schulter mit Beginn der Unterwasserphase herunter.
Ein weiterer Punkt der die Wasserlage negativ beeinflussen kann, ist die Haltung des Kopfes. Blickt man die ganze Zeit nach vorn und hält den Kopf im Nacken, ist es unmöglich zur Seite zu atmen. Dadurch dreht sich der Oberkörper bei jedem Atemzug und man schwimmt Schlangenlinien. Zur Korrektur sollte man beim Kraulschwimmen also stark darauf achten, nicht nach vorn zu sehen, sondern nach unten. Gerade soweit, dass im peripheren Blickfeld noch Hindernisse oder entgegenkommende Schwimmer wahrgenommen werden. Eine konkrete Übung gibt es für die richtige Kopfhaltung nicht, hier hilft nur eiserne Disziplin.
One Step at a Time
Nach dem Lesen dieses Beitrags schwirrt dir bestimmt ganz schön der Kopf. Der Weg zur perfekten Kraultechnik ist lang und es gibt viele verschiedene Ansatzpunkte. Um allerdings typischen Überlastungssymptomen wie bspw. der Schwimmschulter zu entgehen und deine Schwimmzeiten langfristig zu verbessern, solltest du diesen Weg in Angriff nehmen! Lasse dich am besten einmal beim Schwimmen filmen und schaue, welcher Fehler am stärksten auffällt. Beginne hier mit deiner Korrektur und arbeite dich Stück für Stück vorwärts. Wenn du alle „Fehler“ ausgemerzt hast, beginnst du wieder von vorne und prüfst, ob du noch alles richtig machst.